
Es gibt Menschen, die klein beigeben, wenn sich Widerstände auftun. Andere blühen dann erst richtig auf: 2012 hatten wir – Per Pöhl, Bernhard Rönsberg und Nico Rogge, drei Studienfreunde aus Hamburg – eine Firma gegründet, um unsere Erfahrungen im Management von Immobilien, Unternehmenssanierung sowie mit erneuerbaren Energien zu bündeln. Wir wollen die Energieeffizienz optimieren, für mehr Transparenz sorgen und Hausverwaltern ihren Freiraum zurückerobern.
Was wir nicht ahnten: Wir waren auf bestem Weg, uns Feinde zu machen. Unversehens befanden wir uns im Konflikt mit einem milliardenschweren Ablese-Kartell und unzähligen Akteuren, die alles dafür taten, um ihren lukrativen Markt zu verteidigen: Abrechnungsunternehmen, Energielieferanten, Netzbetreiber, Stadtwerke etc. Erst als uns ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt wurde, dämmerte uns, worauf wir uns eingelassen hatten. Aber wir wussten: Wir sind auf dem richtigen Weg.
Dabei fing alles ganz harmlos an – mit einer Mieterin, die sich über eine Nebenkostenabrechnung beschwerte: „5 Prozent mehr?“, entrüstete sie sich, als sie sich bei uns meldete. „Das ist ja unverschämt!“ Unser Problem: Wir wussten selbst nicht, ob ihr Ärger berechtigt war; uns fehlten verlässliche Daten. Das weckte unseren Ehrgeiz. Und so begann eine jahrelange Odyssee, eine Zeit voller Verzögerungen und Hinhaltetaktiken, voller Halbwahrheiten und Lügen.
Zunächst baten wir Techem um Daten, doch der Ablesekonzern reagierte nur zögerlich, schickte schließlich unvollständige Informationen. Als wir mit dem Hausmeister in den Heizungskeller hinunterstiegen, entdeckten wir dort eine 22 Jahre alte Ölheizung: funktionstüchtig, aber völlig ineffizient. Unsere erste Idee, sie gegen eine hocheffizientes BHKW austauschen und die Mieter zu Stromproduzenten zu machen, scheiterte an der damals noch unklaren Rechtslage für Mieterstromprojekte. Zumindest aber wollten wir die Anlage erneuern – gegen den Rat des Heizungsbauers. Er warnte uns, wir müssten dann auch den Schornstein, immerhin knapp 30 Meter, erneuern, den alten Öltank aus dem Erdreich ausheben und umweltgerecht entsorgen. Das schreckte uns nicht ab. Allerdings brauchten wir für die neue Gasbrennwertheizung eine 150 Meter lange Gasleitung von der Hauptstraße zum Heizhaus. Nicht so einfach. Der örtliche Netzbetreiber ließ uns wochenlang warten und drängte uns dann dazu, stattdessen eine Fernwärmeleitung zu legen. Wir aber hielten an unserem Plan fest. Zwei Monate dauerte es, bis wir uns schließlich durchsetzten – nach harten Verhandlungsrunden. Wir mussten sogar mit Anwälten drohen.
Die neue Heizanlage aber war nur der Anfang. Um von den großen Anbietern unabhängig zu sein, wurden wir selbst Energieversorger. Im Sommer 2017 war die Rechtslage endlich geklärt, so dass wie die Chance sahen, unsere Idee des Mieterstromprojekts umzusetzen. Jetzt aber bremsten uns Handwerker aus: Ein Solarteur versuchte, uns ein Mini-Windrad anzudrehen – trotz negativer Auswirkungen auf die Statik der Immobilie. Nichts als Widerstände: Nach siebenjährigem Kampf konnten wir in Norderstedt endlich unsere Mieterstromanlage mit einer 29-kWp-Photovoltaikanlage in Betrieb nehmen und eigenen lokal produzierten Strom an die Mieter liefern.
Wie aber sollten wir die Verbrauchsdaten präzise messen? Für die meisten Elektriker ist das Neuland. Auch der lokale Stromnetzbetreiber stellte sich quer. Er fürchtete um sein profitables Zählergeschäft und stellte klar: „Wenn Sie die Elektrik im Keller anfassen, muss die gesamte Elektrik im Haus erneuert werden!“
Endlich ist es soweit: Seit Anfang 2020 gelang es uns nicht nur die Zähler für Strom und Gas, sondern auch für Wärme, Kalt- und Warmwasser mit Hilfe unseres Datensammlers Immoport auszulesen – fortlaufend und unabhängig vom Gerätehersteller. So gelang es uns die langlaufenden Gerätemietverträge von den Dienstleistungsverträgen zu entkoppeln und die Marktmacht der Ablesekonzerne zu brechen.
Es funktionierte – und sprach sich schnell herum. Nach und nach übernahmen wir für immer mehr Hausverwaltungen die Abrechnung der Heizkosten – völlig transparent, zur Hälfte der Kosten und ohne das überflüssige Verschicken und Abheften von Rechnungen.
Wirkliche Freunde in der Branche hatten wir uns mit unserem Vorpreschen nicht gemacht. Noch immer profitieren die Ablesekonzerne davon, dass sie die Abrechnung mit langlaufenden Mietverträgen für einzelne Geräte oder ganze Liegenschaften koppeln und in den Rechnungen nicht auf die unterschiedlichen Vertragslaufzeiten hinweisen. Wir ließen nicht locker: Ausgestattet mit Vollmachten unserer Kunden forderten wir die Messdienstleister auf, uns ihre Daten zu schicken. Dies wurde so lange hinausgezögert, dass – Zufall? – bereits die nächste Verlängerung der Gerätemiete einsetzte. Was für ein absurdes Hin und her – vor allem weil wir mit unserem Datensammler Immoport inzwischen die technischen Möglichkeiten haben, dass es eines klassischen Messdienstleisters gar nicht mehr bedarf.
Die Zählerdaten können wir mittlerweile fortlaufend, transparenter und günstiger über unsere Datensammler Immoport ausgelesen. Auch Störungen fallen auf diese Weise heute sofort auf; so muss man nicht mehr darauf warten, dass der Heizungsbauer einmal im Jahr vorbeikommt und etwas entdeckt und unterjährige Umzüge stellen keine Herausforderung mehr für die Verbrauchskostenerfassung dar.
So konnten wir Verträge für die Abrechnung mit Techem kündigen und den Mietern die Heizkostenabrechnung sehr viel, nämlich um bis zu 50 Prozent günstiger anbieten! Auf der Plattform Immoport.de bündeln wir seither sämtliche Daten und stellen sie den Eigentümern und Mietern zur Verfügung. Endlich lassen sich intelligente Analysen durchführen und die Liegenschaften effizienter verwalten: ein erster Schritt, um das Ablese-Kartell aufzubrechen und den Hausverwaltungen wieder Datenhoheit zu verschaffen.
Der jahrelange Kampf hat sich ausgezahlt – auch für Frau Sawatzki. Sie hatte sich über Mehrkosten beschwert. Heute spart sie – über die effizientere Gasheizung, den Mieterstrom und die günstigere Abrechnung – 483 Euro im Jahr.